Von „zu Tode betrübt“ zu „Himmelhoch jauchzend“
Judith hat euch gestern von Samstag erzählt, ich werde in diesem Beitrag von Sonntag berichten.
Der Tag begann für mich mit einem sehr traurigen Ereignis: Ich habe meinen 1958 Faltdachkäfer verkauft. Ich bin zwar unglaublich Auto-Verrückt, aber leider musste ich bei diesem Auto einsehen, daß das Preis/Leistung Verhältnis des Wagens zwar wirklich gut war, aber leider nur für jemanden, der den Käfer selber schweissen kann. Da ich das nicht machen kann, habe ich einen Kostenvoranschlag von einem lokalen VW-Restaurator eingeholt. Als er mit einem Preis von 15.000$ um die Ecke kam, und ich immer mehr Sachen an dem Wagen gefunden habe, die mir nicht gefallen haben, habe ich entschieden, den Wagen wieder zu verkaufen. Gestern war es also soweit, der neue Besitzer hat den Käfer samt allen Teilen, mit denen ich den Wagen gekauft habe, abgeholt! Er wird nun von einem Ami aus New York State eigenhändig restauriert. Beinahe hätte ich allerdings den Deal platzen lassen, weil er anscheinend einer dieser arroganten Amis ist, der null Ahnung von deutscher Geschichte hat. Um mir zu gefallen, hat er mir eine Email auf deutsch geschrieben, und sie mit dem Satz „Das Reich kommpt wieder!“ geschlossen. Nun, er war der einzige Interessent an dem Käfer, und bevor ich auf dem Ding sitzen bleibe, habe ich den Mist ignoriert!
Heute hat mir der werte Neubesitzer noch eine „Danke“-Mail geschickt und erneut mit „Das Reich kommpt wieder!“Â Ich wäre wahrscheinlich sauer, wenn gestern nicht noch etwas anderes passiert wäre! 😉
Um mich gestern von meinem großen Verlust zu trösten, habe ich im Internet nach einem neuen Spielzeug/Auto gesucht und bin auch prompt einen Autostunde südlich von Boston fündig geworden. Auf der größten amerikanischen Internetseite über luftgekühlte Volkswagen war ein kleiner 1969er Karmann Ghia Typ14 inseriert. Ich habe kurzentschlossen, und nach Rücksprache mit meiner höchsten Instanz, dort angerufen und einen Termin zwei Stunden später zum Angucken vereinbart. Nachdem ich die Computerprobleme meiner Großeltern fachmännisch gelöst hatte, sind wir ins Auto gehüpft und gen Süden gefahren. Dort erwartete mich ein chromblaues Karmann Ghia Coupé, welches vor einigen Jahren aus Californien nach Neu England transportiert wurde. Auch wenn die Innenaustattung nur mit dem Wort „hinüber“ zu beschreiben ist, und ich den Motor erstmal von gefühlten 500.000 Nüssen befreien musste, habe ich mir den Wagen ganz genau angesehen. Was ich gesehen habe, hat mich überrascht. Das Metall war grandios! Ok ein paar kleine Dellen, aber es ist das original Häuschen auf der originalen Bodenplatte mit dem originalen Bodenblech und der originalen Rostschutzfarbe von vor 41 Jahren. Ich habe über eine Stunde den Wagen mit einem Gummihammer an der wichtigen Stellen abgeklopft und exakt NULL Durchrostungen gefunden. KEINE LÖCHER, NIX, NADA! Nicht einmal der Bereich unter der Batterie, der sonst immer durchgerostet ist, war schlecht! Der einzigen Rost, den ich gefunden habe, war oberflächlich und sehr leicht zu beseitigen! Das wirklich Teure an alten Autos sind die Karosseriearbeiten, die bei diesem Karmann Ghia quasi nicht vorhanden sind (Vergleiche dazu die 15.000$ von oben). Ausserdem war der Motor nicht festgerostet, sondern ließ sich mit einem Schraubenschlüssel gut durchdrehen. Ich war wahrlich begeistert von diesem Wagen, zumal ich unter dem Wagen auch noch den mumifizierten Kopf eines Opossums gefunden habe. Ich gebe zu, dass die Innenaustattungen neu gemacht werden muss und der Oberflächenrost möglichst fix eingedämmt werden sollte, um keine Löcher zu bekommen, aber das sind ja alles Sachen, die mit etwas Spucke auf meinen Händen lösbar sind! Was also nur noch zwischen mir und diesem Ghia stand war…meine Höchste Instanz! Nun auch sie konnte nicht drumrum zuzugeben, das der Wagen verdammt solide ist. Trotzdem war sie nicht von der Idee angetan, schon wieder ein Auto zu kaufen, das einiges an Arbeit erfordert, BEVOR es fährt. Meine Aussage von vor einigen Wochen: „Schatz, der nächste Wagen, den ist kaufe, der fährt direkt!“ hat es ihr auch nicht leichter gemacht. Also sind wir mit der Aussage „Wir melden uns“ wieder nach Hause gefahren. Judith meinte, wir sollten nochmals drüber schlafen.
Nachdem Judith drübergeschlafen hat und den ganzen Tag überlegt hat, ob sie mir die Freigabe erteilt, hat sie sich entschieden: Tschüss Käfer, Willkommen Karmann Ghia Baujahr 1969! Voraussichtlich werden wir den Wagen am 13. oder 14. Januar in sein neues Zuhause holen. Dann beginnt für mich die Arbeit den Wagen so schnell wie möglich fahrbereit zu machen, um auch an den rar gesäten VW-Treffen hier in Neu England teilnehmen zu können!
Mal sehen, ob ich in den nächsten Tagen vor Vorfreude überhaupt in den Schlaf komme 😉